Der Drewenzbote !

      Heimatbrief des Kreises Neumark/Westpreußen 
       und seiner Stadt-und Amtsbezirke



 Nr. 101      Dezember 2002
 

   Löbau/Westpr. (Lubawa)

 

  Neumark/Westpr. (Nowe Miasto Lubawskie)
 
   Redaktion: Prof. Stephan Freiger, Hannelore Freiger, Superintendent Rudolf Steege

                             


Artikel aus der Nr. 101      Dezember 2002        Einige Artikel sind bereits an anderer Stelle zugeordnet !
 
 

Liebe Landsleute!

 

Das sächsische Erzgebirge hat in der Advents- und Weihnachtszeit Hochkonjunktur.

Touristen aus allen Regionen Deutschlands und darüber hinaus sorgen für die Hauptsaison im "Spielzeugland". In kleinen und größeren Orten sind die Fenster aller Häuser mit Pyramiden, Schwibbögen und Lichterketten aller Art festlich geschmückt. Sobald die Dunkelheit hereinbricht, verbreitet sich der Zauber einer anheimelnden Atmosphäre. Hinzu kommen Bergmannsparaden, Kurrendesänger und manches mehr.

An vielen Orten werden Weihnachtsmärkte angeboten. Hauptanziehungspunkt des adventlichen Erzgebirges aber ist Seiffen. Bei einem Besuch konnte ich mit meiner Frau auch an einer Führung durch die dortige achteckige Kirche teilnehmen. Der zuständige Organist und Diakon verstand es, in sehr anschaulicher Weise über die Ortsgeschichte und die Kunstwerke in der Kirche zu berichten. Ebenso gelang es ihm, damit die christliche Botschaft zu verbinden und die versammelten Besucher zum Mitsingen eines bekannten Adventliedes zu bewegen.

  Besonders eindrücklich blieb uns in Erinnerung, wie er auf zwei Symbole von Seiffen aufmerksam machte, die beide eigentlich immer gemeinsam als eine Figurengruppe auftreten:

der Bergmann und der Engel. Der Bergmann soll unsere Blicke auf die Erde richten, der Engel soll uns mahnen, auch den Blick zum Himmel nicht zu vergessen. In Gedanken an diese Zusammenhänge hat ein Besucher in das Gästebuch der Kirche ungefähr folgendes geschrieben: Wir Menschen können Engel sein. Wir haben aber alle nur einen Flügel. Um fliegen zu können, müssen wir uns umarmen.

 Uns hat diese Aussage bewegt, hat sie doch eine große innere Nähe zu einer Kernaussage der Weihnachtsbotschaft, die nach dem Bericht von Lukas 2 die Menge der himmlischen Heerscharen Gott lobend bei der Geburt des Heilandes verbreiten: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens." Ja, Himmel und Erde kommen einander nahe, die sichtbare Welt und die unsichtbare Welt durchdringen einander.

Was uns vor die Füße gelegt ist, sollen wir anpacken und nicht die Gelegenheiten verträumen, in denen es gilt, zu handeln. Doch auch die andere Seite ist zu bedenken; "Wir haben hier keine bleibende Statt, sondern die zukünftige suchen wir." (Hebräer 13, 14)

  

Wenn wir uns im "Drewenzboten" als ehemalige Bewohner des Kreises Neumark in Westpreußen oder als deren Nachkommen austauschen und Verbindung miteinander zu halten versuchen, dann werden auch immer Erinnerungen wach werden. Sie können zum Beispiel um die Tage von Flucht und Vertreibung kreisen. Wer könnte dann nicht von Erlebnissen berichten, in denen Menschen eine Rolle spielten, von deren tatkräftigem Einsatz die Rettung unseres Lebens abhing? Viele aber könnten auch erzählen, welchen Halt sie durch den Glauben an ihren Retter und Erlöser Jesus Christus erfahren haben und immer noch erfahren.

  In seiner Nachfolge können wir sogar das verwirklichen, was der erwähnte Besucher in das Gästebuch der Seiffener Kirche geschrieben hat und was - leicht verändert -  nun so lauten darf: Wir Menschen können Engel sein. Da wir aber alle nur einen Flügel haben. müssen wir uns umarmen, um fliegen zu können. Um Gottes willen und zum Besten von uns allen. dürfen wir das Miteinander wagen. Es soll uns zum Segen gereichen.

  Ein gesegnetes Christfest und ein behütetes Neues Jahr wünscht Ihnen allen. 

                                                                                                                                         

                                                                                                                            

                                                                                                  Superintendent  Rudolf  Steege  

 

 

 

Liebe Landsleute,

 

wieder geht ein Jahr zu Ende und damit leider auch eine Ära  des Drewenzboten. Denn mit der Nr. 100 hat Herr Orlovius, unser Ehrenvorsitzender, die Redaktion des Drewenzboten beendet. Für seine langjährige Tätigkeit für unseren Heimatbrief spendet ihm der Heimatkreis herzlichen Dank.

Dank auch an Herrn Kalwa, der mehrere Jahre als Stellv. Vorsitzender die Kasse geführt und darüber hinaus für den Druck und die Verschickung des Drewenzboten gesorgt hat. Auch die Organisation der Mitgliederdatei  lag in seinen Händen.

 

 

Die Redaktion des Drewenzboten habe ich auf Beschluß von Vorstand und Beirat bis auf weiteres übernommen. Zum Redaktionsteam gehören Superintendent Rudolf Steege und meine Frau, Hannelore Freiger. Die Verteilung hat Alfred Brandt übernommen.

Der Drewenzbote soll als Bindeglied der Neumarker erhalten werden. Wie lange es uns aber gelingt, hängt sowohl von der Bereitschaft zur Mitarbeit als auch von dem Fluß der Spenden ab. Leider werden wir immer weniger und damit auch die Spenden.

  Dabei haben wir noch eine Menge vor: Wir möchten unsere Toten in der alten Heimat durch Gedenktafeln in Erinnerung halten, die kulturellen Leistungen in der 700-jährigen Geschichte des Löbauer und Neumarker Landes bewahren und Fahrten in die alte Heimat organisieren.

 Das Löbauer und Neumarker Land, das Kulmerland, Westpreußen, müssen historisch im Bewusstsein bewahrt werden.

 In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes und friedfertiges Neues Jahr.

                                                                                         

                                                                                                              Prof. Stephan Freiger, Heimatkreisvertreter   

 

 

     

       Grußwort des Patenkreises Oldenburg  

             zur Jahreswende 2002/2003

 

Der Landkreis Oldenburg wünscht allen Neumarkern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches, friedliches und gesundes Jahr 2003.

 

Zwischen Vertretern der Landkreise Nowomiejski und Oldenburg  haben in diesem Jahr   wieder freundschaftliche Zusammenkünfte stattgefunden, um die kommunalen Kontakte weiter zu entwickeln und zu intensivieren. Da auf beiden Seiten großes Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung besteht, wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Oldenburg (WLO) und der Wirtschaftskammer in Biskupiec unterzeichnet.  Beide Partner werden Unternehmen zur Kooperation ermuntern und unterstützend begleiten.

Außerdem kam es im Schul- und Jugendbereich  zu  ersten Begegnungen.  Unser Jugendamt hatte in diesem Jahr sogar die Möglichkeit,  mit einer Jugendgruppe im schönen Landkreis Nowomiesjki eine 10-tägige Ferienfreizeit zu  verbringen.

Für die kommenden Jahre wünsche ich, dass diese Verbindungen weiter wachsen und vertieft werden. Dies sehe ich als einen wichtigen Beitrag zur  Entwicklung der EU-Erweiterung auf kommunaler Ebene.

Landrat  Frank Eger                               

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Bild: Kreishaus in Wildeshausen

 

 

 

 

Historische Ehrung für Dr. med. Friedrich Lange (1849 - 1927)

 

In den beiden letzten Drewenzboten ist bereits berichtet worden, dass der neue polnische Geschichtsverein in Neumark (Gesellschaft der Freunde des Neumarker Landes) unter seinem Vorsitzenden  Jerzy Resicki,  zusammen mit der örtlichen Presse in Neumark, eine öffentliche Befragung durchgeführt hat, wer der bedeutendste Bürger Neumarks im 20. Jahrhundert sei.

 

Wider Erwarten erbrachte die Umfrage, dass zum "Menschen von Neumark des 20. Jahrhunderts" ein Deutscher, nämlich der Arzt Dr. Friedrich Lange, verstorben 1927 und in Lonkorrek (Lakorz) begraben, gewählt wurde.

Dies ist ein weiteres wichtiges Zeichen der Bereitschaft zur polnisch-deutschen Verständigung.

 

 

 

Dr. Lange ist der Begründer des Neumarker Krankenhauses und hat sein Gut Lonkorrek dem Kreis geschenkt. Ihm zu Ehren  wurde sowohl an seinem Geburtshaus, dem Gutshaus Lonkorek, als auch am Kreiskrankenhaus, eine Gedenktafel in polnischer und deutscher Sprache in Gegenwart der Vice Wojewodin der Wojewodschaft  Ermland-Masuren (Warminsko-Mazurskie), Hanna Mikulska-Bojarska, der Vertreter des Kreises Neumark, der Oldenburger Delegation und des Leiters des Geschichtsvereins, Jerzy Resicki,  eingeweiht. Außerdem  wurde das Grab Dr. Langes auf dem Gutsgelände Lonkorrek  neu gestaltet und der Grabstein erneuert.

 

 

 

 

 

 

 

Hier der Text des Flugblattes, das in polnisch und deutsch verteilt wurde:

 

"Friedrich Lange wurde als Sohn des Amtsrates und Domänenpächters Eduard Lange am 20. März 1049 in Lonkorrek geboren.

Dort verbrachte er seine Kindheit und Jugend. Die Lehre im Gymnasium in Hohenstein schloss er 1866 mit der Reifeprüfung ab. Danach studierte er Medizin in Königsberg.

 

Während des Krieges, in den Jahren 1870-1871, unterbrach er das Studium und meldete sich als freiwilliger Sanitäter.

Nachdem er das Studium beendet hatte, bekam er am ersten April 1872 eine Stelle bei Professor Schönborn, als sein Assistenzarzt in der Chirurgischen Klinik zu Königsberg. Danach war er 1. Assistenzarzt bei Professor Esmarch in Kiel.

 

    

 

 Bilder: Vor dem Grabstein mit weißroter und schwarzweißroter Schleife von Dr. Friedrich Lange auf einem bewaldeten Hügel oberhalb von Gut und See Lonkorrek.

 

 

Von September bis Dezember 1876, während des serbisch-türkischen Krieges, arbeitete er als Chirurg auf serbischer Seite. Das machte er auf Wunsch von Professor Esmarch, der keimfreie Wundbehandlung für sehr wichtig hielt.

Nach Kiel kehrte F. Lange im Dezember 1876 als Oberleutnant zurück. Drei Jahre später veröffentlichte er dort sein Buch "Erlebnisse im serbisch-türkischen Krieg 1876, eine kriegschirurgische Skizze".

 

1891 heiratete F. Lange Adele Thiel aus Königsberg. Die Ehe war kinderlos. Dann übersiedelte er nach New York.

Er arbeitete als Oberarzt der chirurgischen Abteilung in einem deutschen Krankenhaus, auch in der Bellevue Klinik, und als konsultierender Chirurg im Presbyterian Hospital. Später gründete er seine eigene Klinik.

F. Lange wurde als ausgezeichneter Chirurg anerkannt. Man nannte ihn "Pionier der deutschen Chirurgie in Amerika".

Unter anderen operierte er mit Erfolg lgnacy Paderewski, einen berühmten Pianisten und späteren ersten polnischen Staatspräsidenten der Jahre 1919 - 1921.

 

Vom Charakter her war F. Lange ein sehr bescheidener Mensch. Als glühender Patriot opferte er sein Vermögen für verschiedene Stiftungen.

Eine der ersten und bedeutendsten war die Gründung der "Palästra Albertina" in Königsberg.

Für diese Stiftung spendete F. Lange viel Geld und ein Baugründstück an der Fließstrasse in Königsberg.

 

 

Bild: Gutshaus in Lonkorrek

   

F.Lange träumte davon, sich in Lonkorrek niederzulassen. Da aber das Gut Lonkorrek als königliches Besitztum nicht zu verkaufen war, kaufte er ein anderes Gut und tauschte es für Lonkorrek ein.

 

 An Stelle des alten Gutshauses baute er ein neues Haus. In Neumark gründete er das Kreiskrankenhaus, in Bischofswerder ein Haus für Behinderte und seiner Heimatgemeinde eine Bibliothek. Er rief auch die evangelische  Kirchengemeinde Lonkorrek ins Leben.

 

 F. Lange wurde bekannt als ein Arzt, der seinen Patienten sehr ergeben war. Dank der Sorge um die Kranken erwarb er sich Freundschaft und Anerkennung der ganzen Bevölkerung. Je älter Lange wurde, desto schwieriger war für ihn die Verwaltung seines Landsitzes.

Darum übergab er dem Kreis Löbau sein 655 Hektar großes Landgut. Seitdem hieß das Landgut "Kreisgut Lonkorrek".

   

  

 

Bild: Enthüllung der Gedenktafel am Gutshaus Lonkorrek. V.L. Landrat Frank Eger, Landrat Waclaw Derlicki, Gemeindevorsteher von Bischofswerder, Stanislaw Tomaszewski, Vorsitzender der "Gesellschaft der Freunde des Neumarker Landes" Jerzy Risicki, der Initiator.  

 

 

 

 

Zum Schluss seines Lebens wollte er noch einmal nach Amerika reisen. Vor der Reise beschloss er, seine Gesundheit im Sanatorium in Babelsberg, zu verbessern.

 

Dort aber starb er am 14. Mai 1927 infolge eines Schlaganfalls. F. Lange wurde in Lonkorrek begraben. Die Bewohner von Lonkorrek kamen massenhaft zur Beerdigung.

 

Sein letzter Wunsch war, an seinem See Lonkorrek begraben zu werden. Der Wunsch ist in Erfüllung gegangen."

 

                

 

 Bild: Vor dem Kreiskrankenhaus mit der neuen Gedenktafel. V.L. Landrat Frank  Eger, Vicewojewodin Mikulska-Bojarska, Starost Waclaw  Derlicki, die Leiterin der Abteilung für Förderung und Entwicklung des Kreises, Hanna Milewska, und ganz rechts DolmetscherinBrigitte Kret.

 

 

Eine Würdigung von Dr. Lange ist auch in unserem "Heimatbuch für den Kreis Neumark in Westpreußen" von 1979  auf  S. 311-315 nachzulesen.

 

 


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