In
den beiden letzten Drewenzboten ist bereits berichtet worden, dass der
neue polnische Geschichtsverein in Neumark (Gesellschaft der Freunde des
Neumarker Landes) unter seinem Vorsitzenden
Jerzy Resicki, zusammen
mit der örtlichen Presse in Neumark, eine öffentliche Befragung
durchgeführt hat, wer der bedeutendste Bürger Neumarks im 20.
Jahrhundert sei.
Wider
Erwarten erbrachte die Umfrage, dass zum "Menschen von Neumark des
20. Jahrhunderts" ein Deutscher, nämlich der Arzt Dr. Friedrich
Lange, verstorben 1927 und in Lonkorrek (Lakorz) begraben, gewählt
wurde.
Dies
ist ein weiteres wichtiges Zeichen der Bereitschaft zur
polnisch-deutschen Verständigung.
Dr.
Lange ist der Begründer des Neumarker Krankenhauses und hat sein Gut
Lonkorrek dem Kreis geschenkt. Ihm zu Ehren
wurde sowohl an seinem Geburtshaus, dem Gutshaus Lonkorek, als
auch am Kreiskrankenhaus, eine Gedenktafel in polnischer und deutscher
Sprache in Gegenwart der Vice Wojewodin der Wojewodschaft
Ermland-Masuren (Warminsko-Mazurskie), Hanna Mikulska-Bojarska,
der Vertreter des Kreises Neumark, der Oldenburger Delegation und des
Leiters des Geschichtsvereins, Jerzy Resicki,
eingeweiht. Außerdem wurde
das Grab Dr. Langes auf dem Gutsgelände Lonkorrek
neu gestaltet und der Grabstein erneuert.
Hier
der Text des Flugblattes, das in polnisch und deutsch verteilt wurde:
"Friedrich Lange wurde als Sohn des Amtsrates und Domänenpächters
Eduard Lange am 20. März 1049 in Lonkorrek geboren.
Dort verbrachte er seine
Kindheit und Jugend. Die Lehre im Gymnasium in Hohenstein schloss er
1866 mit der Reifeprüfung ab. Danach studierte er Medizin in Königsberg.
Während
des Krieges, in den Jahren 1870-1871, unterbrach er das Studium und
meldete sich als freiwilliger Sanitäter.
Nachdem
er das Studium beendet hatte, bekam er am ersten April 1872 eine Stelle
bei Professor Schönborn, als sein Assistenzarzt in der Chirurgischen
Klinik zu Königsberg. Danach war er 1. Assistenzarzt bei Professor
Esmarch in Kiel.
Bilder:
Vor dem Grabstein mit weißroter und schwarzweißroter Schleife von Dr.
Friedrich Lange auf einem bewaldeten Hügel oberhalb von Gut und See
Lonkorrek.
Von September bis
Dezember 1876, während des serbisch-türkischen Krieges, arbeitete er
als Chirurg auf serbischer Seite. Das machte er auf Wunsch von Professor
Esmarch, der keimfreie Wundbehandlung für sehr wichtig hielt.
Nach Kiel kehrte F.
Lange im Dezember 1876 als Oberleutnant zurück. Drei Jahre später veröffentlichte
er dort sein Buch "Erlebnisse im serbisch-türkischen Krieg 1876,
eine kriegschirurgische Skizze".
1891 heiratete F.
Lange Adele Thiel aus Königsberg. Die Ehe war kinderlos. Dann übersiedelte er nach New York.
Er arbeitete als Oberarzt der chirurgischen Abteilung in einem deutschen
Krankenhaus, auch in der Bellevue Klinik, und als konsultierender Chirurg
im Presbyterian Hospital. Später gründete er seine eigene
Klinik.
F. Lange wurde als
ausgezeichneter Chirurg anerkannt. Man nannte ihn "Pionier der deutschen Chirurgie in Amerika".
Unter anderen
operierte er mit Erfolg lgnacy Paderewski, einen berühmten Pianisten
und späteren ersten polnischen Staatspräsidenten der Jahre 1919 - 1921.
Vom Charakter her war
F. Lange ein sehr bescheidener Mensch. Als glühender Patriot opferte er
sein Vermögen für verschiedene Stiftungen.
Eine der ersten und
bedeutendsten war die Gründung der "Palästra Albertina" in Königsberg.
Für diese Stiftung
spendete F. Lange viel Geld und ein Baugründstück an der Fließstrasse
in Königsberg.
Bild:
Gutshaus in Lonkorrek
F.Lange träumte
davon, sich in Lonkorrek niederzulassen. Da aber das Gut Lonkorrek als königliches
Besitztum nicht zu verkaufen war, kaufte er ein anderes Gut und tauschte
es für Lonkorrek ein.
An Stelle des alten
Gutshauses baute er ein neues Haus. In Neumark gründete er das
Kreiskrankenhaus, in Bischofswerder ein Haus für Behinderte und seiner
Heimatgemeinde eine Bibliothek. Er rief auch die evangelische
Kirchengemeinde Lonkorrek ins Leben.
F. Lange wurde bekannt
als ein Arzt, der seinen Patienten sehr ergeben war. Dank der Sorge um
die Kranken erwarb er sich Freundschaft und Anerkennung der ganzen Bevölkerung.
Je älter Lange wurde, desto schwieriger war für ihn die Verwaltung
seines Landsitzes.
Darum übergab er dem
Kreis Löbau sein 655 Hektar großes Landgut. Seitdem hieß das Landgut
"Kreisgut Lonkorrek".
Bild:
Enthüllung der Gedenktafel am Gutshaus Lonkorrek. V.L. Landrat
Frank Eger, Landrat Waclaw Derlicki, Gemeindevorsteher von Bischofswerder,
Stanislaw Tomaszewski, Vorsitzender der "Gesellschaft der Freunde
des Neumarker Landes" Jerzy Risicki, der Initiator.
Zum Schluss seines
Lebens wollte er noch einmal nach Amerika reisen. Vor der Reise
beschloss er, seine Gesundheit im Sanatorium in Babelsberg, zu
verbessern.
Dort aber starb er am
14. Mai 1927 infolge eines Schlaganfalls. F. Lange wurde in Lonkorrek
begraben. Die Bewohner von Lonkorrek kamen massenhaft zur Beerdigung.
Sein letzter Wunsch
war, an seinem See Lonkorrek begraben zu werden. Der Wunsch ist in Erfüllung gegangen."
Bild:
Vor dem Kreiskrankenhaus mit der neuen Gedenktafel. V.L. Landrat Frank
Eger, Vicewojewodin Mikulska-Bojarska, Starost Waclaw Derlicki, die Leiterin
der Abteilung für Förderung und Entwicklung des Kreises, Hanna
Milewska, und ganz rechts DolmetscherinBrigitte Kret.
Eine Würdigung von
Dr. Lange ist auch in unserem "Heimatbuch für den Kreis Neumark in
Westpreußen" von 1979 auf S. 311-315 nachzulesen.