Grundsatzreferat gehalten auf dem Heimatkreistreffen 

 

am 27. September 2009 in Hude 

 

Rückblick mit historischem Bezug

Stephan Freiger

Nach  dem,  von der deutschen Regierung unter Hitler begonnenen, verheerenden 2. Weltkrieg  und der erfolgten totalen Niederlage Deutschlands,    der Flucht vor der Roten Armee    und der Vertreibung der Deutschen durch die osteuropäischen Regierungen, haben die meisten aus unserem Heimatkreis in Mittel- und Westdeutschland Zuflucht gefunden.

Es hat 4 Jahre gedauert, bis sich die Vertriebenen zusammenschlossen,  um Freundschaften und Bekanntschaften aus der alten Heimat weiter zu pflegen und ihr,  der Heimat, die Treue zu bewahren. Der Heimatkreis Neumark entstand. Vorausgegangen war die Gründung von Vertriebenenorganisationen, u.a. am 6. April 1949 die der Landsmannschaft Westpreußen. 

Der erste Vorsitzende (Heimatkreisvertreter) des Heimatkreises Neumark (von 1949 bis 1951) war Erich Zegnotat aus Neumark.

Ihm folgte Rudolf Steege sen. aus Petzelsdorf, der letzte deutsche Bürger­meister von Löbau  (von 1940 bis 1945). In seiner Amtszeit entstand  der Dre­wenzbote. Bis heute in 114 Ausgaben erschienen. Er war es auch, der 1973 – also 28 Jahre nach unserer Vertreibung und 24 Jahre nach Gründung des Hei­matkreises, -   von Landrat Klusmann und Oberkreisdirektor Dr. Hofmeister  - laut Beschluß des Ol­denburger Kreistags von 1972 – eine Urkunde des Landkreises über eine Patenschaft, den Heimatkreis betreffend, entgegennahm. Sie war verbunden mit einer großzügigen finanziellen Unterstützung der Heimatkreisar­beit, die leider in den darauf folgenden Jahren reduziert  und in der Amtszeit von Landrat Eger eingestellt wurde.

Im September 1980, sieben Jahre nach Übernahme der Patenschaft,   wurden vom Landkreis Oldenburg an der Kreisgrenze die Kreisschilder „Landkreis Oldenburg“  mit dem Zusatz  „Patenkreis Neumark (Westpr.)“ ergänzt. Rudolf Steege sen. hat dies im Weihnachtsdrewenzboten 1980 veröffentlicht  und auf dem folgenden Heimatkreistreffen lobend hervorgehoben.

Im  Juli dieses Jahres erhielt ich eine E-Mail von einem Delmenhorster Bürger, der mich fragte, wo diese Hinweisschilder geblieben seien und wer die Entfernung veranlasst habe. Ich konnte ihm darauf keine Antwort geben, ihm nur ein Bild aus dem Drewenzboten zuschicken. Übrigens: auch Landrat Eger, auf dem Heimatkreistreffen konfrontiert mit dem Vorgang, zuckte die Schultern, wusste darauf offenbar auch keine Antwort.

Viel Arbeit hat Rudolf Steege sen. in ein Heimatbuch über den Kreis Neumark gesteckt,  das 1979 herauskam. 1983, nach 32 Jahren, übergab Rudolf Steege sen., zum Ehrenvorsitzenden gewählt, den Vorsitz an Rudolf Orlovius aus Groß Lobenstein.

Orlovius  versuchte in seiner Amtszeit, neben der eingespielten Fortsetzung der Heimatkreisarbeit, mit Heimatkreistreffen und Erstellen des Drewenzboten,   Kontakte in die alte Heimat zu knüpfen. Das gelang ihm u.a. zu  Bernhard Standara, dem Bruder des jetzigen Bürgermeisters von Löbau.

Seit 1994 warb er für die Renovierung der ehemaligen Evangelischen Kirche in Löbau, der Johanniskirche,  Spenden ein und konnte auch die „Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit“ zu einem Zuschuß  für die Renovierungsarbeiten bewegen. Eine Tafel an der Johanniskirche weist auf das Renovierungsdatum und die Geldgeber hin, allerdings ohne den Heimatkreis zu erwähnen.  

 

Orlovius war, mit einer kurzen Unterbrechung 1995, als er sich von Harry Weinreich aus Fiewo vertreten ließ,  bis 1997  Vorsitzender. Seitdem war er – bis zu seinem plötzlichen Tod - unser Ehrenvorsitzender.

1997 nahm ich die Wahl zum Vorsitzenden  (Heimatkreisvertreter) an. 1997 ist auch das Jahr, in dem Polen eine neue Verfassung bekam. Mit ihr wurden die, bereits 1989 erkämpften, demokratischen Rechte manifestiert. Das eröffnete neue Möglichkeiten.

Und so begann ich sofort, die Versöhnungspolitik meines Vorgängers Orlovius verstärkt fortzusetzen.  Eine Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen - und die Schaffung von Vertrauen beider Völker in einem vereinten Europa - schien mir am ehesten zu gelingen, wenn man die Jugend beider Völker zusammenbringt.  Also plante ich für 1999 ein Jugendtreffen polnischer und deutscher Jugendlicher in Hude. Aus Neumark kamen positive Signale. Dem Deutsch-Polnischen Jugendzeltlager in Hude stand nichts mehr im Wege.

Drei Lehrerinnen aus Neumark und Löbau begleiteten Schüler der Oberschulen,  der Mittelschule und der Berufsschule - Joanna Kardela war eine von ihnen, sie war die Organisatorin in  Polen. Finanzielle Mittel für das Unternehmen bekam ich vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk und vom Landkreis Oldenburg. Die Gemeinde Hude stellte das Schwimmbad-Gelände zur Verfügung und unterstützte uns personell.

Der Heimatkreis hatte Gelder bereitgestellt, falls die eingeworbenen Zuschüsse nicht ausreichen würden. Dies fand nicht bei allen Mitgliedern Zustimmung. Nicht nur das Deutsch-Polnische Jugendtreffen wurde von manchen abgelehnt, sondern auch meine danach folgenden Bemühungen um eine Versöhnung mit Polen.  Sie ließen es mich spüren und manch ein bitterböser Brief flatterte ins Haus. Tenor:  Ich sei zu polenfreundlich, schließlich hätten die Polen uns doch aus der Heimat vertrieben und uns unseres  Eigentums beraubt.  

Und so war es auch nicht verwunderlich, dass meine Versuche, Jugendliche aus dem Heimatkreis – Enkel und Urenkel  der Vertriebenen des Kreises Neumark – für das Deutsch-Polnische Jugendzeltlager zu gewinnen, scheiterten.   Kein einziger war dazu bereit. Deshalb war ich froh, neben drei Jugendlichen aus der eigenen Familie, eine Lehrerin mit ihren  Schülern der Realschule aus Hude zu gewinnen.

Diese Erfahrung hat mich darin bestärkt, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. Im Jahr darauf gab es ein Deutsch-Polnisches Jugendtreffen in Neumark  – wieder organisiert von Joanna Kardela,  unterstützt von der Direktorin der Oberschule, Dr. Alina Kopiczynska, der derzeitigen Bürgermeisterin von Neumark. 

Parallel zur Arbeit mit den Jugendlichen war es uns 1999 gelungen, zwischen den Administrationen der Kreise Oldenburg und Neumark einen Kontakt herzustellen. Der damalige stellvertretende, heutige Landrat Stanislaw Czaika,  der zum Heimatkreistreffen geladen war, wurde vom damaligen Kreisdirektor und heutigen Landrat Frank Eger  im Kreishaus empfangen. Man vereinbarte eine Zusammenarbeit. 2001 reiste eine Delegation des Landkreises Oldenburg, angeführt von Landrat Hermann  Bokelmann   und Oberkreisdirektor Wolfgang Haubold, nach Neumark.

Im Jahr darauf,   2002,  erfolgte der Gegenbesuch einer Delegation aus Neumark, unter der Leitung des Landrats  Waclaw Derlicki.    In Wildeshausen wurde schriftlich eine Partnerschaft avisiert. Wie schwierig sich die Verhandlungen über dieses Moratorium gestalteten,    können die Beteiligten berichten. Zum Beispiel durfte auf Verlangen der polnischen Seite der Heimatkreis in dem Papier nicht erwähnt werden, obwohl doch die Aktivitäten des Heimatkreises erst zu diesem Treffen geführt hatten. Es wurde so ziemlich um jedes Wort gefeilscht. Wenn die Oldenburger Seite nicht so langmütig gewesen wäre, hätte es keine Partnerschaft gegeben. Das, was die Oldenburger da im  Kleinen erfahren haben, können die Europäer bei den Treffen der EU im Großen erleben.

Man blieb am Ball. Am 27. Mai 2002 wurde in der Aula der Oberschule in Neumark eine Kooperationsver­einbarung der Wirtschafts­förderungsgesellschaft des Landkreises Oldenburg (WLO)   und der Wirtschaftskammer des Kreises Neumark, mit Sitz in Bischofswerder,  unterzeichnet.

Im Mai 2004 wurde die Partnerschaft besiegelt.  Eine Tafel am Neumarker Landratsamt kündet davon. Sie wurde uns bei einem Besuch 2006 stolz von Landrat Chajka gezeigt. Inzwischen gibt es Partnerschaften zwischen der Stadt Neumark und Hude und zwischen Schulen und Vereinen der beiden Kreise.

Um die Landwirtschaft im Kreis Neumark bei der Eingliederung in die EU  zu unterstützen,  habe ich einen Kontakt der Neumarker Agrarier zum Fachbereich meiner Universität Kassel, „Landwirtschaft, internationale Agrarentwicklung und Ökologische Umweltsicherung“ in Witzenhausen,  hergestellt. Im Oktober 2003 besuchte eine Delegation aus Neumark den Fachbereich  in Witzenhausen  und wurde durch meinen Kollegen Poppinga   in die an der Universität gelehrte ökologische Landwirtschaft  eingeführt, die Besichtigung entsprechender Landwirtschaftsbetriebe und einer Metzgerei, eingeschlossen.

Auf Einladung der polnischen Agrarier machte sich  2004 eine Forschungsgruppe meines Kollegen Poppinga  mit der polnischen Landwirtschaft vertraut. Eines der Ergebnisse dieses Aufenthaltes ist eine Diplomarbeit mit dem Thema: „Verhaltensstrategien landwirtschaftlicher Betriebe in Polen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen im Zuge der Integration in die gemeinsame Agrarpolitik“. Der Kontakt ist wohl abgebrochen, für ökologische Landwirtschaft konnten sich die polnischen Landwirte offenbar noch nicht erwärmen.

Für einige von uns war es eine große Befriedigung, die von Orlovius angestrebte Beziehung zum Löbauer Teil des alten Kreises Neumark – er gehört nicht mehr zum polnischen Kreis Neumark – zu vertiefen. Ich erinnere an unseren offiziellen Besuch im Juni 2004 in Löbau.

Wenn man bedenkt, dass über 7 Jahrhunderte Preußen, Polen, Kaschuben und Deutsche zusammen lebten (– und wenn es Konflikte gab, dann in der Regel zwischen den Herrschenden – die Volksgruppen waren, wie immer, die Leidtragenden –) dann muß es doch möglich sein, auch im Heute wieder zusammen zu finden, ganz besonders mit Blick auf ein geeintes Europa. Deutschland und Frankreich sind hier Vorbild.

Gewiß, geeint ist Europa noch längst nicht. Nationalismus – ein Ergebnis der französischen Revolution –  feiert in einigen Ländern fröhliche Urständ, z.B. in der Slowakei und Ungarn.

Das slowakische Parlament hatte im Juli/August dieses Jahres  eine Ergänzung zum Sprachengesetz verabschiedet, wonach offiziell nur die slowakische Sprache benutzt werden darf, andernfalls drohen drakonische Geldstrafen. Ein Affront gegen ca. 10% der Bevölkerung – mehr als 500-Tausend Ungarn – die in fast geschlossenen Siedlungsräumen, entlang der slowakisch-ungarischen Grenze, leben. Die ungarische Regierung protestierte ohne Erfolg.

Und als der ungarische Präsident Laszlo Solyom zur Einweihung einer Statue des ungarischen Nationalheiligen und ersten Königs, Stephan dem I.,  in die vorwiegend von Ungarn bewohnte slowakische Grenzstadt Komarno fahren wollte, verbot die slowakische Regierung die Einreise. Und als der ungarische Präsident trotzdem - provokativ -  am slowakischen Grenzübergang erschien, wurde er zurückgewiesen.

Kommentar des Vorsitzenden der Slowakischen Nationalpartei, Ján Slota, ich zitiere: „Dies dürfte zu einem Militärkonflikt führen". Es blieb bei gegenseitigen üblen nationalistischen Beschimpfungen.

Auch in Polen haben bzw. hatten wir wieder extreme Nationalisten an der Staatsspitze: Präsident Lech Kaczynski und seinen Zwillingsbruder Jaroslaw, von 2003-2007 Ministerpräsident. Beide führten ihre Wahlkämpfe mit Hetzparolen gegen Deutschland und gewannen damit ihre Wahlen. Und dann gab es noch die unsägliche Außenministerin Anna Fotyga.  „Sie überzog Deutschland  mit einem verbalen Trommelfeuer,  das  seinesgleichen  sucht.“   (so die Historikerin und Journalistin Gabriele Lesser , die in Berlin und Warschau lebt). Nach Anna Fotyga zielt Deutschlands Politik darauf ab, Polen zu erniedrigen. Dabei hat kein anderes Land  nach dem Krieg Polen so unterstützt wie Deutschland.

Nur ein Beispiel:  Altkanzler Gerhard Schröder hat für Polen, bei dessen EU-Beitritt, ein größeres Stimmgewicht – gegen den Vorschlag Frankreichs – durchgesetzt.

Die nationalistischen Ausfälle an der Spitze Polens, die die deutschen Bemühungen um Versöhnung torpedieren und auch zu manchen antideutschen Beschimpfungen gegenüber deutschen Jugendlichen und Touristen in Polen geführt haben, bedürfen wohl doch einer ausführlicheren Behandlung der deutsch-polnischen Geschichte, der ich mich im Folgenden unterziehe:

 

Polens Regierungschef Donald Tusk  äußerte sich anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsbeginns, am 1. September dieses Jahres, wie folgt,     ich zitiere:  „Man ist auf der Westerplatte zusammengekommen, um daran zu erinnern, wer in diesem Krieg der Angreifer und wer das Opfer war". Und warnte davor, „die Geschichte zu vergessen oder zu fälschen“. Ohne "aufrichtiges Gedenken und die Wahrheit" könnten Polen, Europa und die Welt nicht sicher sein.

Er hat völlig Recht, wenn er fordert „die Geschichte nicht zu vergessen oder zu fälschen“, und ein  "aufrichtiges Gedenken und die Wahrheit" als Notwendigkeit für ein friedliches Europa anmahnt.

Das ist auch meine Meinung. Und das heißt,  man muss die Geschichte auch kennen. Freundschaft kann nur dauerhaft entstehen, wenn die historischen Wahrheiten offengelegt werden. Andernfalls bricht Gegnerschaft bei kleinsten Missstimmungen auf.   Und noch problematischer sind die Gefahren, die entstehen, wenn Rechtsradikale  – bei uns die neuen Nazis – als einzige die historischen Wahrheiten bekannt machen und sie für  ihre Hetze nutzen.

Man sollte, muss, die historischen Wahrheiten als historische Fakten - als vergangene Geschichte -  behandeln und darf sie nicht zu politischen oder persönlichen Auseinandersetzungen missbrauchen.

Deutschland hat bisher  als einzige Nation seine Schulaufgaben gemacht. Wir kennen die Geschichte und wissen nicht nur, dass Hitlerdeutschland den 2. Weltkrieg mit dem Angriff auf Polen begonnen hat, sondern wir kennen auch viele von Deutschen begangene Kriegsverbrechen und empfinden Anteilnahme gegenüber den  Opfern. Wo Wiedergutmachung  möglich war, ist dies in der Regel geschehen. 

Das eben Gesagte wird nicht minimiert oder relativiert durch die Erkenntnis, dass der 2. Weltkrieg die Fortsetzung des 1. Weltkriegs war, wie die Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ in ihrem Heft „Der zweite 30-jährige Krieg“  dargelegt hat. Im übrigen hat schon Winston Churchill nach 1945 davon gesprochen, dass er in der Zeit seit 1914 einen „dreißigjährigen Krieg" erlebt habe. Die Kenntnisse der Zusammenhänge lassen es lediglich verständlicher erscheinen, warum Hitler diesen Krieg beginnen konnte, den er zumindest 1939 wollte.

[1938 wollte  Hitler keinen Krieg gegen Polen, sondern zusammen mit Polen gegen die Sowjetunion kämpfen, um Lebensraum im Osten zu gewinnen. Deshalb die moderaten Vorschläge Hitlers mit Übernahme Danzigs und Autobahn und Bahn durch den Korridor. Weitergehende Überlegungen waren: Nachholen der nach dem ersten Weltkrieg im Korridor (Teil Westpreußens) verweigerten Volksabstimmung. Dabei sollte Gdingen in jedem Fall bei Polen bleiben wie auch die ehemalige Provinz Posen.]

Der Krieg und die Kriegsführung waren schlimm, viel schlimmer und verheerender aber war der Rassismus des Nazi-Regimes, der seinen Höhepunkt in dem Völkermord an Millionen Juden und Tausenden Zigeunern fand.

Das hat die deutsche Seele, die deutsche Identität zerstört!

Es hat 60 Jahre gedauert, bis man sich wieder ohne Skrupel  traute, eine deutsche Fahne in die Hand zu nehmen (Fußballweltmeisterschaft 2008) und etwa zu sagen, „ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“ ,(Berti Vogt, Fußballstar).

Es wird oft vergessen, dass Hitler nicht nur  unermessliches  Leid den Menschen in anderen Ländern zugefügt hat, sondern ganz besonders dem deutschen Volk. Der verlorene Krieg brachte weiteren Verlust deutschen Staatsgebiets (der 1. Weltkrieg kostete bereits einiges) und die Zerstückelung Deutschlands, die Zerstörung der Städte, die Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus ihrer Heimat und   8  Millionen Kriegstote – Soldaten und Zivilisten - und darunter 2 bis 3 Millionen Vertreibungsopfer und nicht zuletzt die Vertreibung und Ermordung einer deutschen Volksgruppe, der Juden. Ein unwiederbringlicher Verlust deutscher Intelligenz.

Krieg und Holocaust werden oft in Synthese gesehen. Sie haben nichts miteinander zu tun,  außer, dass es leichter war,  während des Krieges Vernichtungslager zu betreiben, ohne dass die Mehrheit der Bevölkerung etwas mitbekam. 

1999 hat in Polen ein „Institut für Nationales Gedächtnis“, der Gauckbehörde vergleichbar,  seine Arbeit aufgenommen. Aufgabe des Institutes ist die Erforschung von Verbrechen gegen das Polnische Volk durch Deutschland, Russland und die kommunistischen Regierungen. [Also nicht auch Verbrechen Polens an Deutschen.  In Einzelfällen wurden auch die aufgedeckt.

Immerhin wurden in Polen nach 1989 Themen,  die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg oder die Geschichte der Deutschen im heutigen West- und Nordpolen betreffend, teilweise aufgearbeitet und öffentlich diskutiert.]

Die Darstellung,  Polen sei nur Opfer gewesen, bestimmt einhellig die Polnische Politik,  so auch die des Regierungschefs Donald Tusk  auf der Westerplatte.

Sie ist falsch und beherzigt nicht seine Forderung:  „die Geschichte nicht vergessen oder fälschen“.

Donald Tusk hält sich lieber an die Vorgaben seines Vorgängers Jaroslaw  Kaczyński, der von polnischen Regierungen verlangt, dass sie den  Polen nicht ein schlechtes Gewissen wegen der Vertreibung der Deutschen machen dürften, sondern das schlechte Gewissen der Deutschen auszunutzen hätten.

       Und, was lehrt uns die Geschichte!?

Polen war in der Vergangenheit keineswegs friedfertig.

Nach dem 1. Weltkrieg wurden im Versailler Vertrag für das, nach über 100 Jahren, wiedererstandene Polen Grenzen festgeschrieben, das Staatsgebiet festgelegt.  Und zwar nicht nur im Westen – gegenüber Deutschland – sondern auch mit der Curzon-Linie (benannt nach dem damaligen britischen Außenminister Georg Curzon)  im Osten, unter Bezugnahme auf die Muttersprache der jeweiligen Bevölkerungsmehrheit, als polnisch-russische Demarkationslinie.  Übrigens in etwa die heutige Ostgrenze Polens.

Polen war damit nicht zufrieden. Polnische Nationalisten, angeführt von Marschall Pilsuzki, dem späteren diktatorischen Präsidenten,  zielten im Osten auf eine Wiederherstellung des Staatsgebiets innerhalb der Grenzen der alten Adelsrepublik Polen-Litauen – [die vor 123 Jahren untergegangen war], zu der u.a. Litauen, Weißrussland und große Teile der Ukraine gehörten.

  

Also überfiel Polen 1920 die Sowjet-Union. Beinahe wäre das schon wieder das Ende Polens  gewesen, denn die Rote Armee holte zum Gegenschlag aus,  drang bis zur Weichsel vor und stand so vor den Toren Warschaus. Meine Mutter erzählte, dass sie damals mit ihren Eltern in einem Pferdewagen bis in die Tucheler Heide, westlich der Weichsel, geflüchtet war.

Durch das sogenannte „Wunder an der Weichsel“, konnte die polnische Armee die Rote Armee stoppen, sie zum Rückzug zwingen und ihrerseits nach Osten vorstoßen. Das Wunder bestand darin, dass  die Rote Armee durch den Bürgerkrieg in Russland und der Ukraine abgelenkt und geschwächt war.

Mit  dem Frieden von Riga, am 21. September 1920, war die Sowjet-Union bereit, große Teile Weißrusslands und der Ukraine an Polen abzutreten.

Auch das genügte Polen nicht. Es überfiel Litauen und annektierte den südlichen  Teil des Landes mit der Hauptstadt Wilna (Vilnius), obgleich Polen zwei Tage vorher, am 7. Oktober 1920, im Vertrag von Suwalki, auf das gemischtsprachige Gebiet  rund um Wilna (Vilnius) verzichtet hatte.

Die Litauer waren genau so „friedfertig“ wie die Polen und überfielen 1923 das Memelland mit der Hauptstadt Memel,  das – wie Danzig – eine Freie Stadt werden sollte. Die dort stationierten französischen Besatzungstruppen griffen nicht ein, zogen vielmehr ab.

Die Westgrenze Polens war im Januar 1920 markiert, nachdem 2/3 der Provinz Westpreußen mit dem Kreis Neumark, damals Löbau, an Polen übergeben und Danzig – gegen den Willen der Bevölkerung -  zur Freien Stadt gemacht worden war.

Jetzt lebten in Polen 30% andere Nationalitäten: Ukrainer (19%) , Weißrussen, Deutsche (fast 4% = 1,4 Mill.; bis 1918 lebten in dem Gebiet des neuen Polens 2,4 Mill.), Litauer und Juden (8%). Das war für die Nationalisten nicht hinnehmbar.

Man begann diese Zahl durch Vertreibung, Assimilation und sogar durch Gewaltverbrechen gegen Deutsche und andere Minderheiten zu reduzieren..

2005 erhielt ich einen Brief  von einem Mitglied des Heimatkreises,  in dem er meinen Aufsatz „Befreiung – Befreier?! -  60 Jahre nach Kriegsende“, veröffentlicht im Drewenzboten 107, u.a.  wie folgt kommentierte:

 „Es gab keinen Überfall auf Polen 1939.“  „Nachdem deutsche Friedensangebote, zuletzt noch am 29. August 1939, von Warschau abgelehnt worden waren, hatte Hitler sich angesichts der angriffsbereiten massierten polnischen Truppen entschlossen, einer französischen Offensive zuvorzukommen.“ 

„Wie Sie es schaffen, mit den polnischen Landräubern Freundschaft schließen zu wollen, wobei noch nicht einmal über die Rückgabe des konfiszierten Privateigentums verhandelt wurde, bleibt Ihr Geheimnis.“

Starker Tobak, schien mir.

Und dann stieß ich bei meinen Recherchen - zufällig – auf einen Aufsatz des Historikers Stefan Scheil, veröffentlicht  in der  „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom  17. Juni 2006, (Nr. 138 / S. 47):

Aus ihm ergibt sich,  dass Polen die westliche Grenze der gewünschten Adelsrepublik – die 1920 durch Versailles ja erreicht war – nicht anerkannte, man mehr wollte: rein deutsch besiedelte Gebiete. Es begannen sofort Vorbereitungen für einen Überfall auf Deutschland. Der pol­nische und der französische Generalstab erarbeiteten in den zwanziger Jahren einen gemeinsa­men Kriegsplan gegen Deutschland, der in einer ersten Phase die Be­setzung Danzigs sowie von Teilen Schle­siens und Ostpreußens durch polnische Truppen vorsah. Die französi­sche Armee sollte, falls nötig, eingrei­fen. Ein gegebenenfalls später abzu­schließender Friede würde der Republik Polen eine weitere bedeutende und von Deutschland bilateral anzuerkennende Gebiets­erweiterung bescheren.

Scheil´s  Recherchen ergaben:

„Zweimal im Jahr" hat der Polnische Diktator, Marschall, Präsident, Regierungschef Pilsudski während des Beste­hens der Weimarer Republik in Paris ange­fragt, ob dort Rückendeckung für eine sol­che Aktion bestehen würde.

Seine letzte Anfrage kam 1933.

Nachdem Pilsudski keine Unterstützung für einen Angriffskrieg erhielt, schloß er 1934 einen Nichtangriffspakt mit Hitler. 1932 hatte er bereits einen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion geschlossen.

Das hinderte, nach dem Tod Pilsudskis, 1935, seine Nachfolger nicht, die Pläne eines Angriffskrieges auf Deutschland weiter zu verfolgen. Der von Pilsudski  eingesetzte Außenminister Jozef Beck – auch ein Militär – bat 1936 Paris um die westliche Zustimmung für einen Offensivschlag gegen Deutschland, den er der französischen Re­gierung, trotz des bestehenden Nicht­angriffspakts mit Deutschland, anbot.

Und  zuletzt 1939 – nachdem Hitlers Vorschlag, eine Autobahn und eine Eisenbahnlinie durch den polnischen Korridor nach Ostpreußen zu bauen und die deutsche Stadt Danzig wieder ins Deutsche Reich aufzunehmen, von Polen erneut – wie schon 1938 - abgelehnt wurde, und Polen bereits im März 1939 die Mobilmachung in Gang gesetzt hatte - habe nur lebhafter französischer Druck die polnische Regierung davon abgehal­ten, militärisch in Danzig einzumarschie­ren.

Ich muss zugeben: Die Ausführungen des Briefschreibers, die Historie betreffend, stimmen mit den Recherchen Scheils überein und die wurden bisher von niemandem bestritten.

Diese langjährigen Versuche Polens, Deutschland zu überfallen, waren mir bis dato nicht bekannt. Offenbar  haben unsere Historiker und Politiker über ein halbes Jahrhundert diese Fakten unter der Decke gehalten. Mir waren nur die Vorbereitungen Polens für einen Überfall auf Danzig bekannt, ich lebte in Danzig:

Noch vor Kriegsbeginn, im August 1939, wurde eine Passagiermaschine der Lufthansa auf ihrem Linienflug Berlin-Danzig-Königsberg zweimal von polnischer Flak beschossen.

Eines der subversiven polnischen Gebäude – ein Polnisches Pfadfinderheim - lag schräg gegenüber unserer Wohnung in  der Jahnstraße,  in Danzig-Oliva.

Als die Polizei  bei Kriegsbeginn,  am 1. September 1939, das Pfadfinderheim besetzte, fand sie Waffen. Nach dem Krieg dachte ich, vielleicht hat man den Waffenfund nachträglich fingiert.

Ich wurde durch ein Buch des Polen Sigmund Warminski betitelt: „Danzig – Heimatland“, eines besseren belehrt. Darin berichtet er, dass er als 14-jähriger Jugendlicher regelmäßig, zusammen mit den Pfadfindern des Heims und polnischen Schülern, nach Gdingen gefahren sei, um von polnischem Militär im Waffenumgang für subversive Übergriffe in Danzig ausgebildet zu werden. Dazu waren Waffen in den Danziger Stützpunkten vonnöten.

Die allgemein bekannten Stützpunkte auf  Danziger Hoheitsgebiet waren die Westerplatte und die Polnische Post.  Allerdings gab es insgesamt 22 polnische Stützpunkte in Danzig (siehe „Die Polnische Post in Danzig 1939“ von Hugo Rasmus im Westpreußenjahrbuch 50 SS.15-41).

Soviel zu den Kriegsvorbereitungen Polens gegen Deutschland und Danzig nach dem ersten Weltkrieg.

Und wenn dem so ist, muß ich wohl dem Briefschreiber z.T. recht geben. Einen Überfall auf Polen hat es nicht gegeben, Hitler hat nur als erster den Krieg begonnen. Und die polnische Regierung war hoch erfreut. In Paris und London wunderte man sich, warum die polnischen Botschafter die Information des Kriegsbeginns so gelassen bzw. zufrieden aufnahmen.

Um ein vollständiges Bild der polnischen „Friedfertigkeit“ zu erhalten,  muß man auch die Aktivitäten gegen Deutsche im Inland - und die Übergriffe auf deutsches Gebiet  - kennen.

Polen existierte  dank Deutschland und Österreich auf dem Gebiet des ehemaligen russischen Teils, dem sogenannten  Kongresspolen, schon seit 1916/1917. Bei Kriegsende 1918 bestand es also schon. Im Dezember 1918  kam es in der damals preußischen Provinz Posen zu einem polnischer Aufstand - dem einzigen erfolgreichen -, ausgelöst durch eine nationalistische Rede des späteren (1919) Ministerpräsidenten und Außenministers Ignacy Jan Paderewski in Posen.

[Paderewski  war ein bekannter polnischer Pianist,  Komponist und Politiker. Er war einer der zwei Polen, die die polnische Delegation auf der Friedenskonferenz in Paris anführten und für Polen den Versailler Vertrag unterzeichneten.

Er war es, dem unser Landsmann, Dr. Friedrich Lange - aus Lonkorrek  - durch eine erfolgreiche Handoperation dazu verhalf, weiterhin am Klavier zu brillieren. Lange war so enttäuscht über die nationalistische Politik Paderewskis, dass er ihm einen missbilligenden Brief schrieb.]

Nachdem die aufständischen Polen, bei nur geringem Widerstand der Deutschen  - die deutsche Verwaltung war vorher schon durch einen von Deutschen und Polen paritätisch  besetzten   Arbeiter- und Soldatenrat  abgelöst worden - die Stadt Posen sehr schnell besetzen konnten, wurden gezielt deutsche Männer verhaftet und ins Kernwerk, die Posener Festung, verbracht.

Unsere Familie war davon betroffen!  Die Urgroßeltern,  Großeltern und Mutter meiner Frau lebten damals in Posen. Der Großvater befand sich unter den Männern, die ins Kernwerk verbracht worden waren. Als das bekannt wurde, fuhr ein befreundeter polnischer Pfarrer mit einer Kutsche zum Kernwerk und verlangte die Herausgabe dieses Mannes, was ihm - als polnischem Geistlichen - auch gewährt wurde. Er nahm noch zwei weitere Männer mit, und zwar die, die die meisten Kinder hatten.  Er brachte die drei in den von Deutschen gehaltenen Teil. Die im Kernwerk Verbliebenen wurden alle mittels  Maschinengewehr und Handgranaten umgebracht. Und am darauffolgenden Tag mussten die Ehefrauen und Mütter die Leichen ihrer Männer und Söhne zusammensuchen und abholen. Das war wohl das erste größere Massaker an Deutschen.

Im Posener Land, in Stralkowo und Szczypiorno, richteten die Polen die ersten "Konzentrationslager" zur Internierung deutscher Vertriebener ein. Es kam dort zu schwersten Menschenrechtsverletzungen , Morden und unmenschlichen Quälereien ( Folter ), wie sie für Konzentrationslager kennzeichnend sind. Allein in Szczypiorno waren etwa 1500 Zivilisten im Alter von 13 bis 70 Jahren inhaftiert. Das Eigentum vieler Deutscher wurde eingezogen.

In Westpreußen wurden die Vertreibungen nicht so brutal vollzogen. Das liegt gewiss daran, dass  der sogenannte polnische Korridor erst 1920 an Polen übergeben wurde.

Allerdings!   Die Großeltern väterlicherseits und der Vater meiner Frau gehörten zu den Vertriebenen. Sie mussten ihren Hof in Blandau/Kreis Kulm verlassen und alles stehen und liegen lassen. Sie waren nicht die einzigen.

Die nächsten großen Verbrechen fanden in Oberschlesien statt. Schon im Winter 1918/19 schaffte das neu gegründete Polen Fakten, indem es vor allem in Oberschlesien deutsche Gebiete besetzte. Unter Führung des ehemaligen Reichstagsabgeordneten  Wojciech Korfanty wurde  am 16. August 1919 der "erste  polnische Aufstand" ausgerufen. Die deutsche Reichswehr konnte ihn niederschlagen, musste aber Oberschlesien auf Verlangen der Siegermächte des ersten Weltkriegs räumen, das Land wurde vom übrigen Reichsgebiet abgeriegelt.

Ein "zweiter polnischer Aufstand" traf am 20 August 1920 auf den Widerstand deutscher "Selbstschutzverbände". Es kam zu blutigem Gemetzel.

Gemäß den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages wurde die angekündigte Volksabstimmung über die Zugehörigkeit des Landes zum Deutschen Reich oder zu Polen am 20. März 1921 durchgeführt. Bei einer Wahlbeteiligung von 98 % entschied sich die Mehrheit der Einwohner (59,6 %) für einen Verbleib beim Deutschen Reich. 40,4 %, votierten für einen Anschluss an Polen.

Nach dem für Polen ungünstigen Abstimmungsergebnis forderte der Agitator Korfanty seine polnische Gefolgschaft auf, Oberschlesien mit Waffengewalt zu besetzen. In der Nacht vom 2. zum 3. Mai 1921, dem polnischen Nationalfeiertag, wurde der "dritte, sehr gut vorbereitete,  Aufstand" ausgerufen. Planmäßiger Terror, Morde, Brandstiftungen, Bombenattentate, Erpressungen und brutale Misshandlungen kennzeichneten diesen Überfall. Polnische Einheiten überfielen überdies Dörfer im Reichsgebiet und brannten sie nieder. Am 21. Mai 1921 erstürmte der deutsche Selbstschutz den Annaberg. Die am 26. Mai 1921 eingetroffenen englischen Truppen erzwangen einen Waffenstillstand. Im übrigen wurden die sogenannten Aufständischen von polnischen Soldaten, die dafür Urlaub bekamen, unterstützt.

Oberschlesien wurde geteilt.

Dieses Verhalten war für damalige Beobachter besonders unverständlich. Schließlich hatte der polnische Staat seine Unabhängigkeit von Russland dem Deutschen Reich und Österreich zu verdanken.  Wie schon erwähnt, wurde im Oktober 1917, auf Betreiben Deutschlands und Österreichs, ein polnischer Regentschaftsrat und eine polnische Regierung mit weitreichenden Kompetenzen im ehemaligen Kongresspolen eingerichtet. Außerdem hatten Polen in Preußen und Deutschland alle bürgerlichen Rechte. Deshalb gab es polnische Abgeordnete im Deutschen Reichstag und im Preußischen Abgeordnetenhaus, es gab polnische Landräte und Bürgermeister.

Zwischen 1919 und 1923 wurden vom Völkerbund 75 Beschwerden der deutschen Minderheit in Polen anerkannt. Am 10. September 1923 stellte der Internationale Gerichtshof fest, dass Polen das Minderheitenrecht verletzt und den Minderheitenschutzvertrag gebrochen hatte. Selbst französische Intellektuelle und Politiker protestierten 1924 offen gegen den "polnischen Terror".

Im Jahr 1926 eröffnete Polen zwei neue "Konzentrationslager", und zwar in Bereza Kartuska und Brest Litowsk - im Osten Polens.

Im Dezember 1931 begannen sogenannte "Freiwilligenverbände" mit der gewaltsamen Vertreibung der deutschen Minderheit im grenznahen Gebiet (siehe Manchester Guardian vom 12. Dezember 1931). In den Jahren 1933 und 1936 kam es immer wieder zu Übergriffen polnischer Verbände auf das Reichsgebiet.

Bis Anfang 1939 registrierten allein die Auffanglager des Roten Kreuzes im Reich etwa 12.000 Flüchtlinge aus Polen. Insgesamt sollen es 77 000 gewesen sein.  

Auch hierzu eine Information  aus der Familiengeschichte!. Mein Vater war bis 1933 in Waldeck bei Löbau - meinem Geburtsort - 1.Lehrer. Waldeck liegt direkt an der Grenze zu Ostpreußen. Das ermöglichte ihm, die Grenze genau zu inspizieren, um im Falle eines Krieges nach Ostpreußen flüchten zu können. D.h. ein Krieg wurde allgemein erwartet!

Zwischen Mai und August 1939  - also noch vor Kriegsbeginn - überrollte eine schwere Terrorwelle die deutsche Minderheit. Mindestens 70  (es gibt Behauptungen es wären 15 000 gewesen ) Deutsche wurden ermordet. Die Minderheit wandte sich sowohl an die deutschen Konsulate, als auch direkt an den polnischen Staatspräsidenten und an den Völkerbund.

Die Lager Bereza Kartuska und Brest Litowsk waren mit mehreren tausend Gefangenen überfüllt,   Seuchen brachen aus. In dieser Situation bot die Reichsregierung Ende August erneut Verhandlungen zur Lösung der "Korridor-Frage" an. Noch während der Verhandlungen - nämlich am 28. August 1939 -  brannten sogenannte polnische "Freiwillige" deutsche Dörfer in Sichtweite der Reichsgrenze nieder.

Diese Fakten hat Andreas Schneider in seiner "Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges" zusammengetragen, die er in den Archiven der ehemaligen Alliierten recherchiert hat.

Wir wissen, am 1. September 1939 begann Deutschland den Krieg mit der Beschießung der Westerplatte und dem Einmarsch in Polen. Aber über die Ursachen des Kriegsbeginns sind wir nach dem Krieg von unseren Historikern und Politikern belogen worden. Wir hatten von ihnen gelernt:

1.) Hitler begann einen Krieg gegen einen friedlichen Staat.  (Alle polnischen Verbrechen an Volksdeutschen in Polen, alle Grenzübergriffe wurden nicht benannt.)

2.) Für Hitlers Kriegsgrund habe die SS,  verkleidet als polnisches Militär, den Deutschen Sender Gleiwitz in Schlesien überfallen.

3.) Hitler habe dies in seiner Reichstagsrede am 1. September 1939 auch als Kriegsgrund genannt.

Das ist falsch !

Zwar hat es diesen fingierten Überfall auf den Sender Gleiwitz gegeben und sogar noch zwei weitere, aber den Überfall auf den Sender hat die SS, in Zivil gekleidet, durchgeführt.

Im, vom Auswärtigen Amt herausgegebenen, Weißbuch werden für die Nacht vom 31. August auf den 1. September insgesamt fünf Vorfälle mit Beteiligung polnischer Truppen aufgeführt.

 Der später so berühmt gewordene gefälschte Überfall auf den Sender Gleiwitz gehörte nicht dazu.

Er wurde im Weißbuch offiziell als Aktion "polnischer Aufständischer" eingestuft und von der deutschen Regierung nicht als Beweis für einen Angriff polnischer regulärer Truppen herangezogen.

Das gilt auch für die beiden anderen von der SS inszenierten Überfälle in Pitschen und Hoflinden. Pitschen wird im Weißbuch gar nicht erwähnt, Hoflinden wird ebenfalls als Aktion "polnischer Aufständischer" eingestuft, nicht als Angriff regulärer Truppen.

Praktisch die gesamte Geschichtsschreibung verfälscht die Ereignisse, indem sie sich auf die drei Aktionen der SS beschränkt und zu den Grenzzwischenfällen polnischen Militärs, die das deutsche Weißbuch auflistet, schweigt.

Hitler sagte in seiner Reichstagsrede am 1. September 1939 wörtlich : "Polen hat nun heute nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch durch reguläre Soldaten geschossen. Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen!"

Am 3. September 1939 erklärten England und Frankreich Deutschland den Krieg. Polen hatte vorgesorgt. Auf Initiative Polens sicherten der britische Premierminister Neville Chamberlain Polen militärische Unterstützung zu, falls dessen Existenz bedroht werde.  Am 6. April wurde ein förmlicher Beistandspakt unterzeichnet. Und am 13. April gelang es Polen,  die polnisch-französische Allianz zu erneuern.

Erstaunlich, dass diese Verträge zwar gegen Deutschland Anwendung fanden, nicht aber gegen die UdSSR. Russland begann seinen Krieg gegen Polen 17 Tage später als Deutschland. Es besetzte nicht nur halb Polen, sondern annektierte die drei Baltischen Staaten - Estland, Lettland und Litauen. England und Frankreich schwiegen. Warum wohl ?

Polen war für beide Westmächte nur ein Vorwand, um gegen Deutschland vorgehen zu können. Ihre Beistandspflichten haben England und Frankreich während des Polenfeldzuges nicht erfüllt, Polen keine Hilfe geleistet.

Der eigentliche Grund der Kriegserklärungen war: Deutschland wurde ihnen zu stark.  Es war also die gleiche Intention wie beim 1. Weltkrieg!  Deutschland hatte - schon zur Zeit der Weimarer Republik - gegen die Bestimmungen des Versailler Diktats, nicht nur angefangen aufzurüsten, sondern 1936 das entmilitarisierte Rheinland besetzt und am 12. März 1938,   mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich, Österreich ans Deutsche Reich angeschlossen. [Auch ein Verstoß gegen das Versailler Diktat! Denn die Deutsch-Österreicher durften sich nicht an Deutschland anschließen, obwohl die provisorische Nationalversammlung am 12. November 1918 für den vorerst "Deutschösterreich" genannten Staat beschloss, dass das Land Teil der drei Tage zuvor ausgerufenen deutschen Republik sein sollte.]

Des weiteren war es Hitler gelungen, am 30. September 1938 von England und Frankreich, im sog. Münchner Abkommen, das Sudetenland zugesprochen zu bekommen, das er besetzte. [Im übrigen nutzten Polen und Ungarn die Gunst der Stunde. Polen besetzte am 2. Oktober 1938 das Teschener Olsagebiet und Ungarn einen Grenzstreifen mit überwiegend ungarischer Bevölkerung - es ist das Gebiet, in dem gerade der von mir vorher erwähnte Konflikt läuft - und die Karpato-Ukraine.] 

Am 15. März 1939 wurde, zum Verdruss der Teilnehmer des Münchner Abkommens, die "Rest-Tschechei" völkerrechtswidrig von der deutschen Wehrmacht besetzt.

Eine weitere Annexion, nämlich die Polens, hätte, nach Meinung der Westmächte, Deutschland zu groß werden lassen,  die Hirarchie in Europa verändert. Deshalb die Kriegserklärungen im September 1939 nur an Deutschland, nicht an die UdSSR.

Diese europastrategische Denkweise existiert bei den europäischen Westmächten nach wie vor.

 François Mitterand - der französische Präsident  - und Margret Thatcher - die britische Premierministerin - waren 1989 zunächst gegen eine Wiedervereinigung Deutschlands.  François Mitterand: "Ich mag Deutschland so sehr, dass ich gern 2 davon habe." Und Margret Thatcher, die sich am längsten gegen die Wiedervereinigung stemmte, sagte bei einer heftigen Auseinandersetzung mit Kanzler Helmut Kohl: "Zweimal haben wir Krieg gegen Deutschland geführt und jetzt seid ihr wieder da".

Doch weiter in der Geschichte 1939 bis 1945.

Auf die Verbrechen, die während des Krieges von Deutschland begangen worden sind, habe ich schon am Anfang hingewiesen. Daß Hitler plante, die polnische Intelligenz zu ermorden - wie Stalin auch -, hat unter anderen auch unser Direktor der Neumarker Oberschule - Botho Spittler - in seinem Buch "Das höhere Schulwesen in der 'polnischen Ecke' Westpreußens im Spannungsfeld der Nationalitätenpolitik", veröffentlicht 1986,  gut dargestellt.

 Es wurden viele Polen, vor allem Intellektuelle, umgebracht. Auch der letzte polnische Direktor der Neumarker Oberschule, Bogumil Hoffmann, Deutscher Offizier im 1. Weltkrieg, ein guter Altphilologe, den Direktor Spittler versucht hatte, in der Oberschule einzusetzen, wurde nicht geschont.

Wahr ist aber auch, dass in den ersten Kriegstagen, bevor die Wehrmacht einrückte, Tausende Deutsche verschleppt, in polnischen KZ`s zusammengetrieben, misshandelt und ca.5800 ermordet wurden. Die bekannteste Mordtat - der 358 Bromberger Einwohner (namentlich bekannt) zum Opfer fielen - darunter 39 Frauen und 55 alte Menschen, ereignete sich in der Stadt Bromberg. Sie ging in die Geschichte als Bromberger Blutsonntag  ein  (- Hugo Rasmus - ein gebürtiger Bromberger - berichtet darüber in dem Buch  "Pomerellen, Westpreussen. 1919-1939,  Verlag Herbig, 1989, ISBN-10: 3776615966 ). Die Polen haben nach dem Krieg versucht, dieses Verbrechen unter Hitlers Teppich zu kehren. Der polnische Historiker Prof. Wlodzimierz Jastrzebski - in Polen massiv angefeindet - machte 1989 die Wahrheit bekannt.

Ich erwähnte bereits, nach dem Krieg wurden die Verbrechen an Deutschen noch brutaler. Insgesamt 15 Millionen wurden aus osteuropäischen Ländern vertrieben, über 2 Millionen starben auf der Flucht, oder wurden während der Vertreibung oder in ihrem Heimatort ermordet. Nach dem Koblenzer Bundesarchiv kamen zwischen 1945 und 1948   60.000 bis 80.000 Deutsche in 1255 polnischen Lagern um oder wurden ermordet. Allein im Lager  Schwientochlowitz bei Kattowitz fanden unter dem Kommandanten  Schlomo Morel zwischen Februar und Oktober 1945 mindestens 2500 Deutsche unter entsetzlichen Bedingungen den Tod.

Unsere Familie war auch betroffen!. Mein Großvater väterlicherseits, wohnhaft in Danzig-Oliva, damals 68 Jahre alt,  wurde  von den Polen ins Danziger Gefängnis Schießstange verbracht. Er ist, wie 1100 weitere deutsche Männer, in diesem Gefängnis umgekommen.   

Alles das eines der ganz großen Kriegsverbrechen der Alliierten.

Der Osten Deutschlands wurde bis zur Oder-Neiße annektiert - ein von Polen schon 1920 geplantes Minimalziel ( eigentlich sollte die Elbe Grenzfluss werden. )

Am 15. Dezember 1944 brüstete sich der englische Premier Winston Churchill im Parlament, dem britischen Unterhaus, wie folgt:

"Die Ausdehnung (Polens über Ostdeutschland) die von England und Rußland befürwortet werden soll, ist sehr bedeutend. So gewinnen die Polen im Westen und Norden wichtigere und höher entwickelte Gebiete, als sie im Osten verlieren.  ...... Dabei müßten von Osten nach Norden oder Westen eine Überführung von mehreren Millionen Menschen (Polen) durchgeführt werden sowie die Austreibung der Deutschen - denn gerade das wird vorgeschlagen: die totale Austreibung der Deutschen - aus dem von Polen im Westen und Norden zu erwerbenden Gebiet. Denn die Austreibung wird, soviel wir sehen können, die am meisten zufriedenstellende und dauerhafteste Methode sein ..... Es wird sauber ausgefegt werden".

Beschlossen haben diese Unsäglichkeiten die Siegermächte, Churchill und Stalin  waren die treibenden Kräfte.

Später hat Churchill - von seinem Deutschenhass verblendet, wohl eingesehen, dass er Stalin und Polen zu weit entgegengekommen war, denn beinahe wäre ganz Europa unter Stalins Herrschaft gekommen.  Um das zu verhindern, mussten die Deutschen im Westen möglichst schnell wieder Soldaten stellen.

Wenn man wirklich die ganze geschichtliche Wahrheit auf den Tisch legt,  

                                                                                                           i s t   w e r  T ä t e r ,   w e r   O p f e r ?

So einseitig, wie es der polnische Regierungschef Tusk auf der Westerplatte, ehemals Teil des Danziger Staatsgebietes, mit fast rein deutscher Bevölkerung ( 3% Polen), die Geschichte sehen möchte, ist sie nicht. Eine Entschuldigung für die Vertreibung der Danziger hätte ihm gut angestanden!

Und wenn Kanzlerin Merkel artig auf Tusk einging und nichts geraderückte, hat das etwas mit Staatsräson zu tun. Es geht um das heutige Zusammenleben in Europa und da will man keinen Regierungskonflikt mit Polen, auch wenn die Wahrheit auf der Strecke bleibt.

Das alles ändert aber nichts daran, dass Hitler, wie auch Stalin, Kriegsverbrecher und Massenmörder waren.

Und es ändert auch nichts an unserer Arbeit für eine Versöhnung mit Polen. Wir haben viele Freundschaften in Polen, in unserer alten Heimat, geschlossen, die wir weiter pflegen und vertiefen wollen. Wir wollen gute Nachbarschaft mit Polen.

Wir wollen ein friedliches Europa!

Deshalb nehmen wir die Aufforderung Tusks ernst: "die Geschichte nicht vergessen oder fälschen", und ein  "aufrichtiges Gedenken und die Wahrheit", denn nur dann wird es eine dauerhafte Versöhnung in Europa geben.

 

 


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